Ich habe mir im Laufe der Jahre immer gefragt, welchen Sinn Depressionen haben.
Es ist schon ein Kunststück nach dem Sinn so einer Krankheit zu fragen, wenn das Erleben einer Depression, die totale Sinnlosigkeit ist!
Es bringen sich ja bis zu 15 Prozent aller chronisch Depressiven um, weil sie keinen Sinn mehr im Leben sehen, auch wenn andere dies anders sehen mögen.
Z. B. Robert Enke hatte ein Haus, eine tolle Fussballerkarriere und noch eine tolle hübsche Frau.
Aber trotzdem warf er sich vor dem Zug.
Ich bin gegen Enke ein Mensch, der an der untersten sozialen Hierachieleiter steht.
Ich habe kein Geld und ich habe keine tolle Frau.
Aber die Depression macht alle Menschen gleich, weil sie arme wie reiche gleichermaßen erwischt.
In diesem Sinne ist diese Krankheit sehr kommunistisch, weil sie niemanden bevorzugt.
Aber soll das der Sinn dieser Krankheit sein, dass sie alle gleichermaßen trifft?
Manchmal stelle ich mir die Frage, was aus mir geworden wäre, ohne dieses dunkle schwarze Wort, den die Menschen wie früher die Pest meiden.
Warscheinlich hätte ich meine Altenpflegerausbildung beendet und hätte danach wie geplant mein Abitur nachgeholt, um zu studieren.
Was hätte ich studiert?
Vielleicht hätte ich irgendwas in Richtung Medien, Kultur oder kreatives gemacht.
Aber all das blieb mir vorbehalten, da ich nicht die Kraft hatte all meine Lebensträume Wirklichkeit werden zu lassen.
Warscheinlich hätte ich ohne dieses dunkle Wort längst eine Beziehung und Kinder, da Depressive sich meist eher passiv verhalten und so keine Frauen abkriegen.
Und warscheinlich hatte ich oft keine Gewinnerausstrahlung, da dieses schwarze Loch einen jede Sonnenaustrahlung wegsaugt.
Die meisten Menschen umgeben sich gerne mit Gewinnern, warscheinlich ist dies wie ein evolutionäres Gesetz der biologischen oder sozialen Auslese.
Die anderen Qualitäten wie Empathie und künstlerische Begabungen, die viele psychisch Erkrankte haben werden nicht gesehen.
In unserer Gewinnerzeit müssen sich die modernen Gladiatoren durch Castingsshows kämpfen, um zum Schluss soziale und ökonomische Anerkennung zu bekommen. (Sie sind Sklaven ihrer Sucht nach Erfolg und Anerkennung.)
Der wie Helmut Orosz (30) bei Deutschland sucht den Superstar schwach wird und Kokain zu sich nimmt und das Lied bei der Show nicht singen kann, weil er total zu ist, wird ausgecastet und darf nicht weiter teilnehmen.
Als Grund wird seine Drogensucht vorgeschoben, in Wirklichkeit ist ihm sein Texthänger in der Show zum Verhängnis geworden.
Bestimmt hat er auch vorher exessiv Drogen zu sich genommen, aber so lange er funktionierte, durfte er weitermachen.
Als er nicht mehr funktionierte, wurde er gnadenlos ausgebootet und der Schutz der Jugend als Begründung nachgeschoben, um den Rauswurf zu einem ehrenwerten Bild zu verklären.
Wie ich im Laufe der RTL-Show erfuhr, litt er wie ich unter Depressionen, die er wohl mit Drogenkonsum zu therapieren versuchte.
Manchmal wundere ich mich selbst, warum ich nicht zum Drogenjunkie mutierte, obwohl es mir in den vergangenen zehn Jahren so oft schlecht ging.
Helmut war für mich einer der wenigen Castingteilnehmer, den ich mochte und der auf mich echt wirkte.
Die meisten spielen irgendwelche Rollen, um bei anderen anzukommen.
Sie wirken irgendwann nur noch verkrampft erfolgssüchtig und würde ihre Mutter für den Gewinn so einer DSDS-Show opfern.
Den Sinn für diese Erkrankung zu finden ist schwer, vielleicht wäre ich ja ohne diese Erkrankung einer dieser vielen arroganten und dummen Menschen geworden.
Solche Menschen, die gerne Worte wie "zusammenreissen" oder "sich im Unglück suhlen" benutzen und Menschen verurteilen, wenn sie sich bemitleiden und nicht mehr funktionieren.
Ich habe mich aus dieser Funktionierwelt ausgeloggt und bezahle den Preis dafür, indem ich kein Geld habe und wenig soziale Anerkennung erfahre.
Aber wollte ich diesen Preis bezahlen?
Ich denke nein.
Der Preis ist hoch.
Allein die miesen Gefühle der Depression wünsche ich niemanden, außer solchen, die über solche Menschen herablassend reden und schreiben.
Das Entschuldigungsvideo von Helmut Orosz:
http://stern.de/kultur/musik/nach-dsds-rauswurf-helmut-orosz-entschuldigt-sich-1552793.html
Kontakt: depris (at) web.de