Heute hatte ich einer dieser berühmten Depri-Löcher erlebt, die jeder Depressive aus eigener Erfahrung kennt.
Ich ging heute zu meiner supernervösen Mutter. Sie ist immer nervös, wenn sie etwas renovieren muss und im Moment stellt sie das Haus auf dem Kopf, um ihren Pflichten als Hausverwalterin nachzukommen.
Sie hatte wieder einen Kommandoton angeschlagen, der mich fast explodieren liess.
Ich sollte endlich meine Bücher in ihrem Keller in neue Kartons sortieren, um sie anschliessend zu mir nach Hause zu bringen.
Sie hatte auch für solche Kommandoaufgaben bei mir einen schlechten Tag erwischt und ich war nur noch am mosern.
Bei einigen stillen Minuten im Keller, als ich die Bücher in die Kartons tat, dachte ich ich über mein Leben nach.
Ich bin Arbeitslosengeld 2 Empfänger, ich habe nichts in meinem Leben bewirkt, außer über meine Depressionen ein elektronisches Tagebuch zu verfassen.
Im besten Falle habe ich einige Menschen über diese Krankheit aufgeklärt, aber finanziell stehe ich nicht auf eigenen Beinen.
Von all meinen Träumen, die ich noch in meiner Jugend hatte wie eine feste Freundin, eine tolle Arbeit und genug Geld zum leben ist immer weniger übrig.
Ein paar graue Haare habe ich auch schon und je mehr man davon hat, desto schwieriger wird es, noch die Kurve zu kriegen.
Einer meiner Träume war, dass ich als Künstler von meiner Malerei lebe.
Oder ich schreibe mich mit einem Roman wie Julia Franck aus Hartz4 raus.
Aber da ich ein mieses Selbstbewusstsein habe, habe ich nie einen Roman geschrieben und ob ich es je schreibe, steht auch noch in den Sternen.
Denn einer meiner Macken ist, dass ich dann schon einen Bestseller schreiben will und nicht einer dieser Hunderttausenden Büchern schreibe, über die in ein paar Wochen, nach Veröffentlichung, kein Hahn danach schreit.
(Und ich will etwas orginäles schreiben und nichts echtes wie die Jungautorin.)
Z. B. über Helene Hegemann schrei(b)t die ganze Welt im Moment, da sie als 17 Jährige ein Bestsellerroman ihrer verfickten verdrugten Generation schrieb.
Es geht, um die Bestsellerzutaten Sex, Drugs and Rock'n'Roll. Witzigerweise hat mein Leben nur Depressionen zu bieten. Zuerst dachten die Kritiker, sie hätte tatsächlich 'ne Menge Drogen eingeschmissen, aber in Wirklichkeit hat sie diese Erfahrungen aus einem Buch kopiert und unverändert nach Internetmanier reinkopiert.
Wir leben heute im Zeitalter, wo jeder von jedem klaut, um seinen Blog, seine Homepage oder seine Bücher aufzuhübschen und sich den Schein von Orginalität zu geben.
Bekannt werden solche Diebestouren meist nur, wenn jemand wie Helene Hegemann einen Bestseller namens "Axolotl Roadkill" landet und andere Parteien, deren geistiges Eigentum ungefragt gestohlen wurde, auch etwas vom Kuchen abhaben wollen.
Sie hat als 17 Jähriges Abschreibtalent einen hübschen Satz geschrieben, der so lautet "Orginalität gibt es nicht - nur Echtheit." Immerhin klingt der Satz nicht danach, dass er irgendwo her rauskopiert wurde, aber wer weiss.
Die Jugend von heute bedient sich dem kopieren von Orginalität ohne größerer Gewissensbisse, um den großen Reibach zu machen.
(Sie hatte auch vor der Veröffentlichung ihres Buches dem Verlag geschworen, nichts abgeschrieben zu haben. Ob sie auf ihren toten Hamster geschworen hat?)
Vielleicht sollte ich, falls mir beim schreiben eines Romans die Ideen ausgehen, auch ungefragt alles kopieren, was mir unter die Nägel kommt.
Wenn mich jemand erwischt, zitiere ich die junge Autorin und mache trotz allem fette Gewinne und bin raus aus Hartz4.
Der Kunstgriff, der gerade stattfindet, ist der, aus der Abschreiberei was besonderes zu machen, als hätte die Autorin das Patent zum Abschreiben patentiert.
Dann werden Großautoren in der "Zeit" zitiert, die schon vor dem Internetzeitalter klauten wie die Raben.
Mit diesem Kunstgriff wird aus dem Klauen was weihevolles gemacht und die toten Dichter und Denker, werden sicher klatschen, dass sie
nicht doof genug war, um sich nicht erwischen zu lassen.
Die Wunderkindabschreiberin wird sich sicher im neuen Monat über neue schöne schwarze fette Zahlen auf ihrem Konto wundern.
Sie ist in kürzester Zeit auf der Spiegel-Bestsellerliste von Platz 5 auf 2 aufgestiegen, trotz der Plagiatsvorwürfe oder gerade deswegen.
Ich denke sehr schwer darüber nach, ihr Bestsellerbuch unter meinen Namen heraus zu bringen und für die Hälfte des Bestsellerwertes zu verkaufen. ;-) (Ich lache mich schon tot, bei der Vorstellung dieses Geniestreiches.)
Und dann werde ich ihr elegant ihr hübsches
echtes Zitat, um die Ohren werfen, um meine Abschreiberei zu rechtfertigen.
Ob die Presse mich dann auch, als neues Abschreibwunderkind feiern wird?
Links und Infos über die junge Autorin:
http://de.wikipedia.org/wiki/Helene_Hegemann
http://spiegel.de/thema/helene_hegemann/
Kontakt: depris (at) web.de