WG Leben
Seitdem 1. März diesen Jahres lebe ich in dieser Wohngemeinschaft und wie so oft bildete ich mir ein, dass ein radikaler Einschnitt mein Leben verändern könnte. Heute sehe ich einige Dinge anders. Einige Zeit fiel mir die Decke auf dem Kopf, da ich in meiner alten Wohnung mit den Spinnen alleine lebte. Über wg-gesucht.de hatte ich meine tolle Wohngemeinschaft gefunden und landete in einem Haus, wo es 15 WGs gibt und etwa 70 Leute drin wohnen, meist Azubis oder Studenten. Mich reitzte der Gedanke endlich an einem Ort zu kommen, wo ich dutzende neue Kontaktmöglichkeiten haben könnte. Ausserdem findet ab und an eine Party statt.
Bevor ich da einzog, hatte ich mit zwei der Wohnleuten gesprochen und schon da sagte mir mein Bauchgefühl, dass ich mit denen eher nicht so kann. Aber ich liess mich wieder von meinen Stimmungen leiten und diese Stimmung sagte mir, dass ich schrecklich einsam bin und unbedingt meine Zelte woanders aufschlagen muss. Damals versank ich auch in meinen Wohnungschaos und kaum eine Sau besuchte mich dort wie z. B. Toni gestern.
Ich zog ein. Der Einzug verlief genauso chaotisch wie mein Leben bisher war und ist. Meine Mutter war wieder die Genrälin in meinem Leben und leitete die Operation "Roman zieht in die WG" ein. Die Tage vor dem Umzug aalte ich mich in meinem depressiven Loch und kam nicht in die Pötte. Ich hatte kaum jemanden organisiert, der mir helfen wollte. Mein Freund Sebastian sagte zu. Meine Mutter organisierte ein paar Umzugsukrainer mit grossen Wagen, damit alle meine Klamotten reinpassen. Ich packte die Kisten und ich hatte den Eindruck gehabt, dass dieses einpacken nie ein Ende nehmen würde. Gegen 16:15 h kam mein Freund Sebastian. Wir laberten wieder, statt zu arbeiten. Die Umzugsukrainer und meine Mutter wollten längst da sein, aber niemand kam. Mein Mutter rief von ihrem handy an, dass sie sich verspäten würde, weil die Ukrainer länger bräuchten für den anderen Umzug. Mein Freund und ich laberten und laberten wie wir dies immer getan haben. Wir lachten. Sebastian verlor langsam die Lust aufs warten und meckerte herum wie schlecht alles organisiert wäre. Dann haute er gegen 17:30 h und liess mich mit meinen Umzugssachen stehen, ich war ziemlich sauer. 17:38 h kam meine Mutter und die Umzugsukrainer. Alles runter zu schleppen dauerte ewig und mein Nachbar hatte Gott sei dank einige Kartons und half mir aus und packte mit ein.
Gegen 20 Uhr kam ich in der WG an und packte die Sachen raus. es war dunkel und es fiel Schnee. Wir schleppten die Sachen hoch, meine Mutter kommandierte wie auf der Star Trek. Sie sagte wieder wie schrecklich schmutzig ich wäre und die Ukrainer durften zuhören. Ich fühlte eine grosse Wut.
Alles wurde eingeräumt und ich kam in meiner 5er Wg an, dass zwei Bäder und eine Küche und eine Art Zimmer hatte.
Mein Zimmer misst 15 Quadratmeter und liegt auf der Lichtseite.
Dort leben noch drei andre Leute, einer zog vor einem Monat aus. Der auszog will Lehrer werden und hatte auch mal psychische Probleme gehabt. Er lief oft mit bandagierten Füssen rum und ich fragte mich, warum dieser 34 Jährige dies tat. Ich vermutete, dass er sich selber verletzte. Ich traf ihn oft am Abend in der Küche und wir wechselten einige Worte hin und her. Er bezeichnete sich als verkopft und meinte, dass er keine Gefühle hätte und nicht mit andren umgehen könnte. Eigentlich erkannte ich eher einen gefühlvollen Mensch, der oft verletzt wurde in der Vergangenheit. Ich sehe immer noch sein schelmisches Grinsen und er hörte oft zu und nickte dabei. Er musste als Referendat für Deutsch und Musik viel vorbereiten. Früher sagte er, dass sein Leben nur aus Schach spielen bestand und er dies nicht mehr tun würde, da er keine sozialen Fähigkeiten gelernt hatte. Ich merkte auch, dass er einen Hang zu sehr jungen Mädels um die 13 oder 14 hatte und eine Beziehung aufbauen wollte mit denen und ich sagte ihm, dass das gar nicht die selbe Ebene wäre, da er ja Lehrer ist. Irgendwelche Schülerinnen hatten sich beschwert, dass er zu lange denen zwischen die Brüste geschaut hätte. Er lachte bei diesen Dingen und kuckte mich genusssüchtig wie ein kleines Kind an, den man die Süssigkeiten nicht nehmen darf.
Manchmal fing er prompt ein Lied wie aus dem Nichts an zu zaubern und sang mit ganzen Herzen und Oberkörper. Er war ein Bariton. Ich liebte ihn dabei zu beobachten.
Er wollte ausziehen, weil er nicht genug Platz hatte in dieser WG. Er hatte dort 6 Jahre gelebt.
Von dem Schwarzafrikaner weiss ich fast nichts, ausser das er seit 10 Jahren in Deutschland lebt und seit 4,5 Jahren in dieserb WG. Für seine 38 Jahre wirkt er sehr jugendlich, aber von seinem Leben erinnert er eher den eines 60 Jährigen, der seine kleine Schreberwelt für sich entdeckt hat mit Gartenzwergen. Das Studium der Germanistik hat er beendet, aber meist hängt er in irgendwelchen Büchern an der UNI rum und kommt am Abend zurück. Dann kocht er. Er redet nie viel, er wirkt wie ein Fachidiot, der nichts aus seinem Leben zu erzählen hat. Er hat auch keine Freunde, keine Freundin und lebt vor sich hin, an den Abläufen des WG Lebens gewöhnt. Wenn ich ihn zu einem Besuch in eine Kneipe überreden will, dann winkt er ab und lächelt müde wie ein Greis, der sich auf sein Sterben vorbereitet.
Der andere ist 42 Jahre jung und trägt eine dicke Hornbrille und hat Glubschaugen wie ein Comediant. Manchmal lacht er mitten in enem Gespräch auf, um Aufmerksamkeit zu erringen und spielt mit seiner Mimik. Er hat zwei oder drei seltsame Bekannte oder Freunde, die auch immer versuchen witzig zu sein und eine davon ist eine Lehrerin.
Der andre ist Musikstudent (25) und lernt die verschiedenen Musikinstrumente. Wie der 42 Jährige Patrick redet er nie von seinen Gefühlen oder was er letztens erlebt hat. Er wirkt manchmal auch wie ein Opa, da er gegen 22 Uhr an die Türe hämmert, um mich zur Ruhe zu bringen. In solchen Momenten lache ich am Telefon. Er lacht nicht oft herzlich.
Im Winter haben Patrick und der Musikstudent Bier bebraut und jetzt joggen sie. Ich habe immer das Gefühl, die beiden verbindet eher die Lustlosigkeit am Leben. Zur Zeit joggen sie viel.
Was man auch immer in diesem WG Leben achten muss, dass man nach dem Duschen oder baden die Haare aus der Wanne wegmacht oder das man die WC Rolle genau in die Rolle tut, ansonsten beschweren sie sich. Auch muss ich immer die Arbeitsflächen in der Küche sauber wischen, sonst meckert auch wieder einer. Und heute muss ich das Altpapier in den Container werfen, sonst meckert wieder einer auf den Blatt in der Küche, wo immer steht, was der andre vergessen hat oder was den andren an den anderen nicht gefällt.
Soviel dazu, ich werde sicher noch mehr über das Thema WG Leben berichten.
Bevor ich da einzog, hatte ich mit zwei der Wohnleuten gesprochen und schon da sagte mir mein Bauchgefühl, dass ich mit denen eher nicht so kann. Aber ich liess mich wieder von meinen Stimmungen leiten und diese Stimmung sagte mir, dass ich schrecklich einsam bin und unbedingt meine Zelte woanders aufschlagen muss. Damals versank ich auch in meinen Wohnungschaos und kaum eine Sau besuchte mich dort wie z. B. Toni gestern.
Ich zog ein. Der Einzug verlief genauso chaotisch wie mein Leben bisher war und ist. Meine Mutter war wieder die Genrälin in meinem Leben und leitete die Operation "Roman zieht in die WG" ein. Die Tage vor dem Umzug aalte ich mich in meinem depressiven Loch und kam nicht in die Pötte. Ich hatte kaum jemanden organisiert, der mir helfen wollte. Mein Freund Sebastian sagte zu. Meine Mutter organisierte ein paar Umzugsukrainer mit grossen Wagen, damit alle meine Klamotten reinpassen. Ich packte die Kisten und ich hatte den Eindruck gehabt, dass dieses einpacken nie ein Ende nehmen würde. Gegen 16:15 h kam mein Freund Sebastian. Wir laberten wieder, statt zu arbeiten. Die Umzugsukrainer und meine Mutter wollten längst da sein, aber niemand kam. Mein Mutter rief von ihrem handy an, dass sie sich verspäten würde, weil die Ukrainer länger bräuchten für den anderen Umzug. Mein Freund und ich laberten und laberten wie wir dies immer getan haben. Wir lachten. Sebastian verlor langsam die Lust aufs warten und meckerte herum wie schlecht alles organisiert wäre. Dann haute er gegen 17:30 h und liess mich mit meinen Umzugssachen stehen, ich war ziemlich sauer. 17:38 h kam meine Mutter und die Umzugsukrainer. Alles runter zu schleppen dauerte ewig und mein Nachbar hatte Gott sei dank einige Kartons und half mir aus und packte mit ein.
Gegen 20 Uhr kam ich in der WG an und packte die Sachen raus. es war dunkel und es fiel Schnee. Wir schleppten die Sachen hoch, meine Mutter kommandierte wie auf der Star Trek. Sie sagte wieder wie schrecklich schmutzig ich wäre und die Ukrainer durften zuhören. Ich fühlte eine grosse Wut.
Alles wurde eingeräumt und ich kam in meiner 5er Wg an, dass zwei Bäder und eine Küche und eine Art Zimmer hatte.
Mein Zimmer misst 15 Quadratmeter und liegt auf der Lichtseite.
Dort leben noch drei andre Leute, einer zog vor einem Monat aus. Der auszog will Lehrer werden und hatte auch mal psychische Probleme gehabt. Er lief oft mit bandagierten Füssen rum und ich fragte mich, warum dieser 34 Jährige dies tat. Ich vermutete, dass er sich selber verletzte. Ich traf ihn oft am Abend in der Küche und wir wechselten einige Worte hin und her. Er bezeichnete sich als verkopft und meinte, dass er keine Gefühle hätte und nicht mit andren umgehen könnte. Eigentlich erkannte ich eher einen gefühlvollen Mensch, der oft verletzt wurde in der Vergangenheit. Ich sehe immer noch sein schelmisches Grinsen und er hörte oft zu und nickte dabei. Er musste als Referendat für Deutsch und Musik viel vorbereiten. Früher sagte er, dass sein Leben nur aus Schach spielen bestand und er dies nicht mehr tun würde, da er keine sozialen Fähigkeiten gelernt hatte. Ich merkte auch, dass er einen Hang zu sehr jungen Mädels um die 13 oder 14 hatte und eine Beziehung aufbauen wollte mit denen und ich sagte ihm, dass das gar nicht die selbe Ebene wäre, da er ja Lehrer ist. Irgendwelche Schülerinnen hatten sich beschwert, dass er zu lange denen zwischen die Brüste geschaut hätte. Er lachte bei diesen Dingen und kuckte mich genusssüchtig wie ein kleines Kind an, den man die Süssigkeiten nicht nehmen darf.
Manchmal fing er prompt ein Lied wie aus dem Nichts an zu zaubern und sang mit ganzen Herzen und Oberkörper. Er war ein Bariton. Ich liebte ihn dabei zu beobachten.
Er wollte ausziehen, weil er nicht genug Platz hatte in dieser WG. Er hatte dort 6 Jahre gelebt.
Von dem Schwarzafrikaner weiss ich fast nichts, ausser das er seit 10 Jahren in Deutschland lebt und seit 4,5 Jahren in dieserb WG. Für seine 38 Jahre wirkt er sehr jugendlich, aber von seinem Leben erinnert er eher den eines 60 Jährigen, der seine kleine Schreberwelt für sich entdeckt hat mit Gartenzwergen. Das Studium der Germanistik hat er beendet, aber meist hängt er in irgendwelchen Büchern an der UNI rum und kommt am Abend zurück. Dann kocht er. Er redet nie viel, er wirkt wie ein Fachidiot, der nichts aus seinem Leben zu erzählen hat. Er hat auch keine Freunde, keine Freundin und lebt vor sich hin, an den Abläufen des WG Lebens gewöhnt. Wenn ich ihn zu einem Besuch in eine Kneipe überreden will, dann winkt er ab und lächelt müde wie ein Greis, der sich auf sein Sterben vorbereitet.
Der andere ist 42 Jahre jung und trägt eine dicke Hornbrille und hat Glubschaugen wie ein Comediant. Manchmal lacht er mitten in enem Gespräch auf, um Aufmerksamkeit zu erringen und spielt mit seiner Mimik. Er hat zwei oder drei seltsame Bekannte oder Freunde, die auch immer versuchen witzig zu sein und eine davon ist eine Lehrerin.
Der andre ist Musikstudent (25) und lernt die verschiedenen Musikinstrumente. Wie der 42 Jährige Patrick redet er nie von seinen Gefühlen oder was er letztens erlebt hat. Er wirkt manchmal auch wie ein Opa, da er gegen 22 Uhr an die Türe hämmert, um mich zur Ruhe zu bringen. In solchen Momenten lache ich am Telefon. Er lacht nicht oft herzlich.
Im Winter haben Patrick und der Musikstudent Bier bebraut und jetzt joggen sie. Ich habe immer das Gefühl, die beiden verbindet eher die Lustlosigkeit am Leben. Zur Zeit joggen sie viel.
Was man auch immer in diesem WG Leben achten muss, dass man nach dem Duschen oder baden die Haare aus der Wanne wegmacht oder das man die WC Rolle genau in die Rolle tut, ansonsten beschweren sie sich. Auch muss ich immer die Arbeitsflächen in der Küche sauber wischen, sonst meckert auch wieder einer. Und heute muss ich das Altpapier in den Container werfen, sonst meckert wieder einer auf den Blatt in der Küche, wo immer steht, was der andre vergessen hat oder was den andren an den anderen nicht gefällt.
Soviel dazu, ich werde sicher noch mehr über das Thema WG Leben berichten.
deprifrei-leben - 1. Jun, 10:28
auf diese Seite bin ich zufällig gestoßen, über die Google-Suche "Wohngemeinschaft mit Depressiven". Ich habe Anteil an deinem Beitrag genommen, auch wenn er bereits sieben Jahre alt ist.
Was ich aber wichtiger finde: Der Text ist gut geschrieben, ich rede von literarischen Kriterien. Er ist lakonisch (ich war nie sicher, was dieses Wort eigentlich genau bedeutet, jetzt habe ich es nachgeschlagen: "kurz, einfach und ohne Erläuterung"), treffend, gleichermaßen traurig und komisch, ähnlich wie zwei Seiten einer Medaille. Weiterhin gelingt es dir, von den Menschen in deinem Leben oder deiner Geschichte (dies soll autobiographisch sein, man kann im Netz nie sicher sein, und nach literarischen Kriterien spielt es letztlich keine Rolle, wenngleich die meiste große Literatur stark autobiographisch beeinflusst ist) in wenigen Worten ein sehr präzises Bild zu schaffen.
Jemand, der sich wirklich damit auskennt, hat einmal gesagt, in einem Zeitungsartikel komme es auf jedes Wort an. In einem Roman (oder einer Kurzgeschichte) komme es hingegen auf jeden Z w i s c h e n r a u m an. Genau das gelingt dir hier mit Bravour.
Dass ein paar grammatische Fehler drin sind und er nicht handwerklich ausgefeilt ist, hat mich nicht im geringsten gestört (sonst stört mich das enorm). Schreiben ist fast das Einzige, das mich wirklich interessiert, deshalb hoffe ich, dass du dieses Kompliment ernst nimmst, sieben Jahre, vier Monate, vier Wochen und knapp elf Stunden später.
Jetzt werde ich lesen, was du noch geschrieben hast.
Herzlich,
Pepe
Lieber Pepe!