11
Nov
2009

Nationaltorwart Robert Enke verübt Selbstmord, da er unter Depressionen litt. Seelische Erkrankungen werde immer noch zu wenig beachtet und Depressive zu wenig unterstützt und respektiert.

Robert Enke war wie ich 32. Er war wie ich seelisch krank. Ich hatte ihn bis zu seinem Selbstmord kaum auf dem Radar meines Bewusstseins.
Ich wusste, dass er ein guter Torwart war, aber an der Stelle endete auch mein Wissen über ihn.
Gestern erfuhr ich, dass er sich wie drei Menschen pro Tag in Deutschland von einem Zug überfuhren liess. Wenn ein Zug durch einen Selbstmörder Verspätung hat, wird den Mitreisenden mitgeteilt, dass es einen Personenschaden gab.
Der Selbstmörder wird wie eine Sache behandelt, denn Schaden klingt wie Autounfall.
Aber hinter jedem Personenschaden verbirgt sich ein Mensch und gestern und heute hat dieser Personenschaden ein Gesicht und einen Namen bekommen.
Der Selbstmord und die Krankheit Depression gelten immer noch, als ein großes Tabu.
Menschen mit einer seelischen Erkrankung gelten allgemein als willensschwach und es wird ihnen eine Mitschuld unterstellt.
Selten wird jemanden wie mir gute Besserung gewünscht, was ja bei einer Erkrankung wie der Schweinegrippe der Normalfall wäre.
Robert Enke verdiente sein Brot mit dem Leistungssport Fussball und er hatte Angst gehabt, dass seine Erkrankung wie im Fall Sebastian Deisler einer breiten Öffentlichkeit bekannt wird.
Er wollte seinen Job und seine Anerkennung nicht verlieren, er wollte nicht als Schwächling dastehen, der von so einer seelischen Not niedergestreckt wurde.
Aus dem Grund lehnte er eine stationäre Behandlung in der Klinik ab.
Auch ich spüre immer wieder die Frage wie offen ich mit meiner Erkrankung umgehen soll und ob dieser Depri-Blog irgendjemanden oder mir selbst nützt.
Es tut weh, sich selbst zu öffnen und ein Blick in das Verletzlichste, die eigene Seele preis zu geben.
Vielleicht hätte ein offener Umgang von Enke mit seiner Erkrankung seinen Selbstmord verhindert, da er dann gespürt hätte, dass die Menschen ihn nicht fallen gelassen hätten.
Er galt als ein sensibler, selbstreflektierter und nicht abgehobener Star, der auf seine Mitmenschen immer positiv einwirkte.
Er spendete für den Kinder- und Tierschutz und kämpfte gegen den Rechtsextremismus.
Die Pressekonforenzen hatten mich selbst zu Tränen gerührt. Selbst Michael Ballack zeigte seine Tränen.
Seine Ehefrau Teresa Enke sagte in der Pressekonforenz heute: Wenn er akut depressiv war, war es schon eine sehr schwere Zeit, weil ihm dann Antrieb und Hoffnung gefehlt hat.
Ich habe versucht, für ihn da zu sein. Ich wollte ihm immer helfen, das durchzustehen. Er wollte aus Angst nicht, das es rauskommt. Er hatte Angst, Leila zu verlieren. Es hätte für alles eine Lösung gegeben.

Das Problem an einer schweren Depression ist, dass im Kopf des Erkrankten keine Lösungen existieren, da er in der Hölle eingesperrt ist.
Die Depression ist nichts anderes als die Hölle auf Erden. Sie ist ein Ort voller Seelenqualen und wer diese Welt nie betreten hat, kann sich diese schlimmen Qualen kaum vorstellen.
Vor über 6 Wochen, bei meinen letzten schlimmen Depressionsschub habe ich auch über meinen Selbstmord ernsthaft nachgedacht, weil ich diese Qualen und diese Einsamkeit und die damit verbundene seelische Not kaum ausgehalten hatte.
Wie durch ein Wunder kämpfte ich mich wieder zurück in mein Leben, indem ich wieder mehr Sport machte, Lithium nahm und Selbsthypnose ausübte, um diese Dunkelheit zu verdrängen.
Robert Enke hatte anscheinend die Kraft dazu nicht. Vor einigen Jahren verlor er seine Tochter.
Dies soll an seiner Substanz genagt haben, aber nach Außen gab er sich immer stark und gelassen.
Die Leistungsgesellschaft verlangt unbarmherzig, dass man stark ist, sonst verliert man wert.
Der menschliche Wert wird viel zu wenig berücksichtigt.
Wie oft habe ich mich nicht genug von meiner Umwelt wertgeschätzt gefühlt. Sobald man irgendwo nicht auftaucht z. B. bei meiner Gesangsgruppe oder bei einer buddhistischen Versammlung wird man vergessen.
Es wird nicht nachgefragt, ob alles ok sei, es wird zur Tagesordung übergegangen.
Theo Zwanziger sagte in der Pressekonforenz, dass man inne halten sollte und nicht so schnell zur Tagesordnung übergehen sollte.
Aus dem Grunde wurde das Länderspiel zwischen Chile und Deutschland am Samstag verschoben.
Sie meinten, dass man nicht mit Spass spielen könnte, wenn jemand gestorben sei.
Er hatte einen Abschiedsbrief hinterlassen und gesagt, dass er geschauspielert habe, um den Selbstmord machen zu können.
Nicht jeder Mensch der lächelt, dem gehts gut.
Auch ich habe schon geschauspielert, um meiner Umwelt einen gefallen zu tun.
Er war seit Jahren in psychatischer und psychologischer Behandlung.
Leider half diese ganze Hilfe und Liebe seiner Frau nichts.
Die Trauer auf seinen Tod und den Fans seines Fussballvereins von Hannover 96 ist überwältigend.
Trotz der Tragik seines Todes, hat sein Tod bewirkt, dass die Menschen sich mehr Gedanken machen werden, was die Depression für eine schwere Krankheit ist.
Das selbst Fussballhelden an ihnen zerbrechen können, obwohl sie scheinbar alles haben wie Geld, Frau, Kind und Anerkennung.
Wie soll sich ein einfacher Depressiver fühlen, der sich keine teuren Privatkliniken leisten kann?
Ich weiss selbst aus eigener Erfahrung wie schlecht Kassenpatienten behandelt werden und wie weit der Weg sein kann, wieder ein normales Leben führen zu können.

Kontakt: deprifrei (at) web.de

Kondolenzbuch: http://robert-enke.de

http://depressionen.de.tl
la-mamma - 11. Nov, 17:35

ich kann da eigentlich nichts dazu schreiben, außer dass mich jeder selbstmord traurig macht. denn die frage "wieso" ist für andere eigentlich nie beantwortbar und tut immer weh. andere sehen eben auch die auswege, die der- oder diejenige in dem augenblick (und leider dürften da wenige augenblicke reichen) partout nicht sehen kann.

deprifrei-leben - 11. Nov, 17:49

Schuldzuweisungen helfen nicht

In einem anderen Blog verurteilte ein Blogger den Selbstmord als feige und egoistisch und betonte wie traumatisch die Folgen für den Zugführer sind, der unter den Folgen der tödlichen Fahrt leiden wird.
Ich schrieb, dass jemand nur so schreiben kann, der nie selbst unter Depressionen litt wie ich.
Ich glaube, dass die Verzweiflung so groß war, dass er die Konsequenzen seines Tuns nicht überblicken konnte.
Er ist nach meiner Ansicht schuldunfähig.
Schuldzuweisungen helfen da nicht weiter.
Das "Wieso" scheint ja ein bisschen klar zu sein, wenn ich an den Tod seiner Tochter denke, die an einer Krankheit starb.
Es muss mehr darüber informiert werden wie Suizide verhindert werden können.
teacher - 11. Nov, 20:27

Schade, dass es Herr Enke nicht geschafft hat, sich zu outen. Es fehlt noch an großen Vorbildern, die zu dieser Krankheit stehen und dadurch an ihrer Heilung arbeiten.
Ich kenne in meinem Arbeitsumfeld mehrere KollegInnen, die betroffen sind und nicht darüber reden. Es sind sensible, feine Menschen, die im Stillen leiden, weil sie keine Schwächen zeigen dürfen. Schade.

deprifrei-leben - 13. Nov, 18:41

Als ich kurzfristig im Sommer in der Psychatrie war, habe ich auch einer dieser feinsinnigen Lehrer kennengelernt, der wie deine Kollegen unter Depressionen litt.
Der Lehrerberuf ist gewiss heute anstrengender, als in früheren Generationen, da diese Pädagogen auch gesellschaftaftliche Fehlentwicklungen im Elternhaus ausbaden müssen.
Aurisa - 15. Nov, 18:25

So naheliegend die Vorstellung ist... es ist nicht gesagt, daß ihm sich zu outen irgendwie geholfen hätte...

Er war ja schon in Behandlung, soweit ich das mitbekommen habe, seine Familie wusste bescheid... aber all das hat leider nichts genützt...
deprifrei-leben - 15. Nov, 18:50

Die Konsequenz vom Nichtouting kennen wir jetzt alle, sie führte zum Suizid.
Ich glaube, dass ein klinischer Aufenthalt für ihn gut gewesen wäre, um einmal Distanz zum Leistungssport zu bekommen und zweitens Zeit für sich zu bekommen.
Auch kann es sehr hilfreich sein, andere Menschen kennenzulernen, die das Gleiche durchmachen und so das Gefühl zu gewinnen, nicht der einzige Depressive zu sein.
Als ich in der Klinik war, kamen erstaunlicherweise drei Buddhisten zu mir, um mich zu besuchen und aufzubauen.
Sie waren nur flüchtige Bekannte und mit ihren wohltuenden Besuch hatte ich nie gerechnet.
Mit anderen Worten, wer Hilfe sucht, dem öffnen sich auch neue Türen und die hat Enke leider nicht geöffnet.

Schaps (Gast) - 22. Nov, 17:13

Durch Robert Enke ist das Thema in der Tat bekannter geworden und es wurde mehr darüber geredet. Die Frage ist ob sich daraus etwas verbessern wird. Die Kassen stehen im Prinzip in der Pflicht, aber die stellen sich ja zugern und häufig quer...

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Lebe glücklich! Ein Blog über das Leben mit Depressionen und Internetsucht. Ein junger Mann (38) schreibt über seine Erfahrungen mit Vorurteilen und Einsamkeit. Rechte bei Deprifrei.de

Die Depression kann mit einer in schwarz gekleideten Dame verglichen werden. Wenn sie kommt, so weise sie nicht weg, sondern bitte sie zu Tisch als Gast und höre, was sie Dir zu sagen hat. C.G. Jung Mehr Informationen zu meinem Blog www.depri-blog.de.tl

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