28
Jan
2013

Abhängigkeiten

Wir Menschen hassen nichts so sehr wie abhängig zu sein und doch ist jeder von irgendetwas abhängig. Gestern war ich wieder bei meinen christlichen Treff junger Menschen. Christen sehen ihre Abhängigkeit in Gott. Aber sie meinen, dass diese Abhängigkeit die einzige wäre die nicht weh tut, da Gott immer treu und liebend ist. Wir Normalos sind von der Anerkennung anderer, aber auch von materiellen Reichtümern abhängig.
Ein Baby ohne Liebe stirbt. Erwachsene sterben dagegen zuerst innerlich. Auch sterben sie früher, als wenn sie ein intaktes liebendes Umfeld haben.
Wir brauchen Geld, um zu leben. Das Geld erwirtschaften wir, indem wir einen Arbeitgeber haben, der uns ein Gehalt zahlt. Viele wollen aber ihren Brötchengeber töten, da sie sich von ihm nicht respektiert fühlen. Das wir abhängig sind spüren wir immer zuerst daran, dass diese Abhängigkeit uns nicht zufrieden und glücklich macht.
Wer einen Partner hat, der ihn spüren lässt wie wenig wert er ist, wird den Tag der Heirat verfluchen. Aus dem Grunde heiraten immer weniger Menschen, da sie Angst haben abhängig zu werden. Auch wirkt die Ehe wie ein Käfig für schöne Vögel.
Als ich in einer Freikirche auf einer Hochzeit war, da feierte der Prediger den Abhängigkeitstag des Paares. Sie gaben sich das Ja-Wort. Normalerweise feiern wir immer Unabhängigkeitstage z. B. seit 1789 als die USA sich von England frei erklärten. Abhängig zu sein macht uns Angst und jagt uns einen Schauer über den Rücken.
Der Wahnsinn unserer Zeit ist, dass wir glauben, dass wir nur alleine glücklich werden. Der Buddhismus betont, dass wir nur glücklich sein können, wenn unsere Umgebung dies auch ist. Niemand wird glücklich sein in seiner Wohnung, wenn der Nachbar immer schreit und randaliert. Kein Reicher kann sein Reichtum geniessen, wenn er immer Angst vor Einbrechern haben muss, weil die Menschen in seiner Umgebung in materieller Not leben. Auch der Reiche muss seine soziale Umgebung umsorgen und ist von ihr abhängig. Reichtum alleine macht nie unabhängig wie uns viele Glaubenssätze weiss machen wollen.
Reiche haben oft Angst, dass ihr Vermögen eines Tages verloren geht. Sie erklären das Geld zu ihrem Gott und beten den falschen Götzen an. Mancher Wohlhabender unserer Zeit hat den Bezug zu dieser irdischen Welt verloren. Sie leben in einer Seifenblase. Aber auch eine Seifenblase, kann durch eine Nadel zerplatzen.
Als Jan Philipp Reemtsma entführt wurde, wird er sicher den Tag verflucht haben, als er Hunderte Millionen Euro erbte. Ich dagegen kann ohne Angst vor Entführung an der Königsallee in Düsseldorf flanieren, ohne mich umschauen zu müssen.
Natürlich werde ich nie das Geld haben, um all die schönen teuren Marken in meine Tasche zu tun. Aber habe ich dadurch was verloren?
Menschliche Beziehungspflege macht mich viel glücklicher. Am meisten spricht mich an wie Christen aus der Freikirche miteinander umgehen. Jeder bringt was zum Essen mit, keiner übervorteilt den anderen und sie versuchen achtsam im Umgang mit ihren Mitmenschen zu sein. Im Christentum steht die Gemeinschaft im Zentrum. Auch Jesus war nicht alleine, sondern er hatte seine 12 Jünger.

Der Mensch der Steinzeit hätte nie alleine überlebt, da immer es mehrere Bedarf einen Mammut zu erlegen. Da unsere gesellschaftlichen Prozesse mittlerweile so abstrakt geworden sind, kriegen wir nicht immer mit, dass wir in Wirklichkeit immer abhängig voneinander sind. Der Strom aus der Steckdose ist die Arbeit vieler Tausender, die wir nicht sehen. Auch das Wasser aus der Leitung ist durch die Arbeit anderer möglich geworden.
Das Wort Abhängigkeit verbinden wir auch oft mit Drogensucht. Unsere Wahrnehmung auf dieses Wort ist eher negativ geprägt. Abhängig zu sein kann auch gut tun. Sich fallen zu lassen und beim anderen sich auszuheulen kann Heilung ermöglichen. So erging es mir gestern, als ich bei christlischen Frauen weinen musste. Als ich über meine Mutter sprach, die soviel für mich getan hat, kamen mir die Tränen. Ich erzählte ihnen, dass meine Mutter meinte, dass jeder heute ersetzbar ist und sie als Mutter auch. Das schmerzte und machte mich traurig. Juliane meinte, dass Gott die Menschen liebt und sie für ihn einzigartig und einmalig sind.
Sie holte mir den Psalm 139. Auf diesen Psalm beruht auch mein Lieblingslied "Nähme ich Flügel der Morgenröte."
Laut Wikipedia beinhaltet der Psalm "wie nahe Gott den Menschen von Anfang an war. Er entwickelt eine Schöpfungstheologie, die ihn nicht nur Schöpfer der Welt als Ganzes oder als Prozess, sondern jeder Person erscheinen lässt. Demnach ist Gott es, der einen Menschen im Mutterleib gebildet hat. Gott erscheint als der Allwissende und Allgegenwärtige, der aber jeden einzelnen kennt und als wunderbar bejaht.

Dieser Psalm ist Gott-zentriert und nicht Mensch-zentriert. Gott erscheint als der allwissende ( Verse 1-4), der unfassbar, allgegenwärtig-überräumliche (Verse 5-12) allmächtige Schöpfer (Verse 13-18). Er endet mit der völligen Abkehr Davids von allem Gottlosen und der völligen Hingabe an Gott im Vertrauen auf dessen Fähigkeit ihn bis in die Ewigkeit hinein zu leiten (Vers 19-24)".


Ich sollte diesen Psalm meiner Mutter zum lesen geben. Juliane umarmte mich. Tränen stiegen mir in die Augen. Das Wort ersetzbar ist für mich ein Unwort dieser modernen digitalen Zeit. Ich sagte gestern zu ihr, dass sie für mich nie ersetzbar sein wird. Für viele Arbeitgeber ist der Mitarbeiter auch ersetzbar, aber ohne diesen Mitarbeiter würde das Unternehmen nicht funktionieren. Heute fehlt auch stellenweise die Achtung vor der Arbeitsleistung der Mitarbeiter. Die Chefs glauben, dass sie nicht abhängig sind von ihren Beschäftigten. Aber dieser Glaube ist eine Illusion.

Ich merke immer wieder wie die Erstarrung sich löst und wie Bewegung in meine Psyche kommt.
Auch Männer sollten weinen. Zweidrittel aller Suizide begeht das ach so starke Geschlecht. Meine Vermutung ist, dass wir nicht vor anderen heulen können, da wir uns nicht schwach fühlen wollen. Aber das ist Blödsinn!! Meine gestrigen Depressionen wurden zu einem guten Teil durch meinen Tränenfluss davongetragen. Ich merke wie meine Emotionen immer wieder versuchen die Hoheit über die Gefühlslosigkeit meiner dunklen Welt zu bekommen. Ich will lieber von Gefühlen abhängig sein! Und ich will sie als Mann leben!



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Christian (Gast) - 30. Jan, 18:56

Gefühle

geniale letzte Worte,
Ich will lieber von Gefühlen abhängig sein! Und ich will sie als Mann leben!
Das hört sich seeeehr gut an....Mut zum Gefühl, bin irgendwie stolz auf dich...genial...
Hau rein, wir sind mit dir !!
Christian

deprifrei-leben - 30. Jan, 22:55

Lieber Christian,

sehr schön, dass dich der Text anspricht. So ein Feedback ist für mich als Autor immer eine Bereicherung!
Eva (Gast) - 31. Jan, 22:58

Schöne letzte Worte:)
Fühlst du dich eher dem Buddhismus oder der Freikirche zugehörig?
Kann dir nur zustimmen, dass es schön ist, wenn jeder etwas zum Essen mitbringt und danach geteilt wird.

Genau dieses Zusammengehörigkeitsgefühl und Aufgehoben sein bei bestimmten Personen hat mich denen einfach nur noch näher gebracht. Und das vermisse ich manchmal genauso wie die Person selber. Kann es absolut nachvollziehen.

Wenn du auch nur dort das Aufgehoben sein und Vorhandensein hast, dann solltest du dort mehr Zeitverbringen.
Schön, dass du das fühlst. Freu mich für dich.

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Lebe glücklich! Ein Blog über das Leben mit Depressionen und Internetsucht. Ein junger Mann (38) schreibt über seine Erfahrungen mit Vorurteilen und Einsamkeit. Rechte bei Deprifrei.de

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