25
Jun
2011

Wann oute ich mich??

Falls ich mal ein Buch über Depressionen veröffentlichen würde, die meine Lebensgeschichte thematisiert frage ich mich, ob ich mich mit meinem Klarnamen an die Öffentlichkeit begeben würde oder ein Pseudonym nehmen würde. Ehrlich gesagt weiss ich es noch nicht. Andererseits habe ich keinen Grund mich für meine Krankheit zu schämen, die ich heute zum Glück dank buddhistischer Meditation in den Griff gekriegt habe. Im nächsten Monat bin ich sechs Monate depressionsfrei. Vielleicht feiere ich nächtes Jahr eine Deprifrei-Party. Wäre doch was. Der 10. Januar ist der Tag an dem sich mein Leben verändert hat, seitdem ich das Mantra gesprochen habe. Warscheinlich musste ich so tief sinken, um die buddhistische Praxis mit ganzen Herzen auszuprobieren. Wieviele Menschen könnten von dem Buddhismus profitieren? Wieviele könnten ein zufriedenes bis glückliches Leben führen? Meditation hat soviele Vorteile, da sie ohne Nebenwirkung ist im Gegensatz zu Antidepressiva wie Cymbalta, von dem ich Dünnschiss-Attacken bekam.
Die Medikamentenindustrie will natürlich meine Worte nicht lesen, da ich dem Absatz schade. Heute wollen manche sich mit Hilfe von Antidepressiva ihre Leistungsfähigkeit erhöhen. Die Leistungsgesellschaft schaut auf Menschen die unter Depris leiden ohne Mitgefühl herab, da sie der Produktivität schaden und somit Arbeitsplätze kosten können. Der Druck steigt wie in einem Dampfkessel. Dieses Jahr wächst Deutschland wahrscheinlich um über 3 Prozent. Aber dieser Wachstum hat seinen Preis. Dank der gestiegenen Produktivität werden noch mehr Menschen unter Burnout und Depressionen leiden. Noch mehr Menschen werden berentet. Aber wie lange kann sich die Gesellschaft diese Kosten leisten? Ist Wachstum um jeden Preis der richtige Weg?
Ich frage mich auch, wann wir uns zu unserer Krankheit bekennen können. Ich habe immer noch eine kindliche Offenheit in mir, der mit den Realitäten in diesem Land nicht vereinbar ist. Wer hört, dass jemand depressiv ist, der hat meist für denjenigen bestimmte Schubladen parat. Meist wird mit dieser Krankheit Unglück, Faulheit und viele andere Dinge verbunden. Auch wird dem Depressiven gerne die Schuld an seiner Krankheit in die Schuhe geschoben, obwohl Genetik und Sozialisation eine wichtige Rolle bei der Entstehung dieser psychischen Erkrankung spielen. Da wir Deutschen im Gegensatz zu den Griechen unsere Wut bei Sozialabbau schlucken werden wir stattdessen depressiv. Viele Deutsche sind tolle Arschkriecher, die alles machen, damit der Chef sie liebt. Selbst beim ausboten von Betriebsräten helfen wir gerne mit, um noch mehr Überstunden zu machen.
Solidarität ist vielen von uns ein Fremdwort geworden, da viele sich am Nächsten sind.
Kaum einer gibt dem Chef zu, dass er depressiv ist und keine volle Stelle mehr schafft. Und wer dies zugibt wie mir jemand in Facebook schrieb, der wird systematisch gemobbt.
Letztens wollte ich jemanden über eine Anzeige kennenlernen, da ich Freizeitkontakte suchte. Ich schrieb in der Anzeige, dass mir die Decke auf dem Kopf fällt und niemand mich anruft.
Nach dem Emailkontakt telefonierten wir und er hatte als Hobby auch die Malerei. Wir unterhielten uns zwei Stunden. Einmal erwähnte er, dass er wegen seinen Depressionen nicht mehr arbeiten kann. Ich erwähnte ihm, dass ich bis Januar an dieser Krankheit auch litt und jetzt dank der Meditation nicht mehr.
Nichts deutete daraufhin, dass wir das letzte Mal miteinander sprechen würden. Dann schrieb er mir folgende Email:

Grüß dich, Roman!

Hab meinen AB mit deinen Nachrichten abgehört.
Nun bin ich für ein paar Tagen mit Freunden unterwegs.
Unser Telefonat fand ich auch sehr nett. Doch ich habe etwas überlegt: Aus meiner Erfahrung tun sich Menschen, die beide depressiv sind, nicht gut. Denn all zu leicht zieht man sich herunter. -Und ich möchte nicht, dass das passiert.Ich wünsche dir wirklich, dass dir noch einige nette Menschen antworten und begegnen werden.
Alles gute und viele Grüße!
K.


Ehrlich gesagt war ich über diese Email wütend und enttäuscht. Was mich am meisten enttäuschte, dass meine ganze Existenz nur auf das eine dunkle Wort mit den zehn Buchstaben reduziert wurde. Außerdem lag die Krankheit schon etwas länger zurück und ob ich mich von den Depressionen von jemanden anderen runterziehen lasse, liegt auch in meiner Entscheidung. Ich muss ihn ja nicht jeden Tag besuchen, wenn mich die Situation zu sehr belastet. Ich habe einen Freund der an Boderline leidet und den kann ich mir auch nicht jeden Tag reinziehen und ihm ist das auch bewusst. Mit anderen Worten ich lerne mich gerade durch jemand der psychisch erkrankt ist besser abzugrenzen.
Ein Freund von mir meinte, dass ich mich zu schnell geöffnet habe. Outing kann natürlich zur Folge haben, dass ich ausgegrenzt werde wie von K. Das macht das Outen so schwierig, obwohl es für viele Betroffene so überlebenswichtig ist.



Kontakt: deprifrei @web.de

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Lebe glücklich! Ein Blog über das Leben mit Depressionen und Internetsucht. Ein junger Mann (38) schreibt über seine Erfahrungen mit Vorurteilen und Einsamkeit. Rechte bei Deprifrei.de

Die Depression kann mit einer in schwarz gekleideten Dame verglichen werden. Wenn sie kommt, so weise sie nicht weg, sondern bitte sie zu Tisch als Gast und höre, was sie Dir zu sagen hat. C.G. Jung Mehr Informationen zu meinem Blog www.depri-blog.de.tl

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