Darf man sich über den Tod eines Menschen freuen? Zum Tod von Osama bin Laden. Ist dieser Terrorfürst der neue Che Guevara für die islamische Welt?
Gestern morgen gegen 9:30 Uhr besuchte mich mein Betreuer und fragte mich, ob ich gehört habe, dass Osama bin Laden getötet worden ist. Ich verneinte und ich konnte dies kaum glauben.
Seit dem 11. September 2001 war der Terrorfürst auf der Flucht. Ich erinnere mich immer noch wie ich damals in der Wohngemeinschaft für psychisch Kranke im Fernsehgemeinschaftsraum die Bilder aus New York live sah. Einer der Zwillingstürme stand noch und brannte wie eine kubanische Havana. Wir schauten gebannt die Live-Bilder und ich wähnte mich in einem Hollywood-Katastrophen-Film. Aber der Film war real und wir waren all die Zuschauer des Dramas. Das Wetter konnte nicht besser sein, um das Brennen des Turms und die Rauchfahne plastisch darzustellen. Wie ich dann erfuhr waren zwei Flugzeuge in die Türme geflogen und löschten knapp 3000 Leben aus.
Dann sah ich wie auch der zweite Turm zusammenstürzte, viele im Fernsehraum waren fassungslos. Einer der Bewohner mit dickem Bauch schwor Rache. Die Stimmung wurde aggressiver. Waren wir alle Amerikaner, weil die Selbstmordattentäter die Freiheit und die westlichen Werte angriffen?
Und welche Freiheit griffen diese Dschihadisten an? Die Freiheit so dick und fett zu werden wie der Bewohner mit dickem Bauch?
(Die Amerikaner gelten als das dickste Volk.) Aber sind diese Wohlstandsbäuche nur auf Kosten der hungernden Welt angelegt worden? Haben die Amerikaner die Fettreserven angelegt, um auch für schlimme Zeiten wie den Anschlag in New York vorzusorgen?
Mein Betreuer und ich schrieben meine Bewerbung für meine Praktikantenstelle in einem Bestattungsunternehmen. Auch ein Foto wurde gemacht. Wie ich später erfuhr wurde Osama bin Ladens Leiche im Meer entsorgt. Angeblich war kein Land in der Lage, diesem Moslem eine würdige Beerdigung zu geben. Wahrscheinlich spielt auch die Angst eine Rolle sein Grab könnte zum Wahlfahrtsort für Islamisten werden. Aber gerade der Leichnam eines Menschen und seine Beerdigung sollen würdevoll geschehen, gerade in unserer jüdisch-christlich geprägten Tradition. Darf man sich über Traditionen hinwegsetzen? Wieviel sind uns unsere Werte wert??
Barack Obama der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika wird nach meiner Auffassung immer mehr zu einem Bush-Light. Der Friedensnobelpreisträger entpuppt sich als Racheengel. Die Tötung von bin Laden in einer Villa in Abbottabad durch zwei Kopfschüsse deutet auf eine Hinrichtung hin. Wenn ich jemanden gefangen nehmen will, dann schiesse ich ihn in den Oberkörper oder in die Beine.
Was mich auch befremdet wie sich Menschen über den Tod eines Menschen freuen können, sogar Angela Merkel fand die gezielte Tötung des All-Kaida Chefs gut. An Ground Zero fanden Spontanfreudentaumel statt. Alle schrieen "USA, USA!!" und verbrannten bin Laden Fotos. Dass erinnert mich an primitive Rituale, wenn die Hamas oder die Taliban Amerika- oder Israel-Fahnen verbrennen und Freudenschüsse abgeben.
Nach meiner Auffassung werden mit einer gezielten Hinrichtung alle Menschenrechte und alle Werte der westlichen Welt über Bord geworfen. Der All Kaida Chef hätte nach meiner Auffassung vor dem Internationalen Kriegsverbrecher-Tribunal in Den Haag gehört.
Jeder Mensch trägt in sich ein Aggressions- und Gewaltpotential, auch ich. Aber wenn wir all unseren Aggressionen und Rachegefühlen nachgehen würden, würde es jeden Tag überall massenweise Mord- und Totschlag geben. Der Rechtsstaat wurde geschaffen, um auch den schlimmsten Täter zu beschützen. Aber wer beschützte Osama? Darf man ihn schützen? Wie sehr dürfen wir selbst Racheengel spielen? (Wenn beispielsweise jemand ein Kind vergewaltigt und tötet.) Wird die Welt durch Gewalt und Rache besser? Oft werden Racheakte wie gegen den Gründer des terroristischen Netzwerks als Gerechtigkeit verkauft. Aber ist Gerechtigkeit nicht erhaben über billige Rachegefühle? Wie soll die islamische Welt oder auch andere Teile der Welt unsere Grundrechte wie Demokratie und Menschenrechte ernst nehmen, wenn wir sie wie mit dem Mord an diesem Menschen mit Füßen treten?
In gewisser Weise habe ich Osama bin Laden dafür bewundert, dass er sich knapp zehn Jahre der Rache der USA entzogen hat. Vielleicht klingt es etwas seltsam, wenn ich sage, dass es mich beruhigt hat, dass die Allmacht der USA auch ihre Grenzen hatte. Zu den USA habe ich ein ambivaltentes Verhältnis. Dieses Land ist mir vom Herzen sehr nah und doch gleichzeitig so fern. Sie hat große Persönlichkeiten hervorgebracht wie Denzel Washington und andere und genauso Massenmörder mit sympathischem Anlitz wie George Bush Junior. Auch liebe ich amerikanische Filme oder Bücher oder auch Fast Food von McDonald. Was ich nicht liebe ist der Verzicht auf die von Jesus propagierte Nächstenliebe des Feindes. Vergebung findet in diesem Land nicht statt, kaum ein Todeskandidat in den USA wird begnadigt. Ich selbst unterhielt viele Jahre eine Brieffreundschaft zu einem Todeskandidaten wo vieles für seine Unschuld sprach. Die Todesstrafe ist ein Relikt aus einer Zeit in der der Rechtsstaat nicht existierte. Mahatma Ghandi sagte einmal sehr schön "Auge um Auge, Zahn um Zahn und die Welt wird blind." Wie blind ist unsere westliche Welt geworden? Brauchen wir vielleicht einen Jesus der die Blinden sehend machte und der wusste, dass die Sehenden blind sind?
Noch geniessen viele den süßen Geschmack des Triumphs, aber ich bin mir sicher, dass der bittere Nachgeschmack noch kommen wird. Osama hat sein Leben wie ein Mann aus dem Alten Testament verteidigt und ist für manche radikalen Muslime den Heldentod gestorben. Auch der Menschenrechtsverbrecher Che Guevara erging es so und er wurde zur Lichtgestalt der Linken. Das gleiche Schicksal blüht jetzt Osama. Viele Dschihadisten werden ihm nachfolgen und viele Morde in der westlichen und in der eigenen Welt begehen. Auch Che verlor am Ende seines Lebens wie bin Laden an Leuchtkraft und an Anhänger und kein Bauer in Bolivien wollte von ihm befreit werden. Aber der Tod Che's machte ihn zur Ikone gegen soziale Ungerechtigkeit. Auch Osama klagte darüber wie die westliche Welt über die Ressourcen der islamischen Welt wie selbstverständlich mit Militärbasen herrscht und verfügt. Der Tod von bin Laden könnte mehr Leuchtkraft entfalten als es sein Leben je konnte. Wie sagte bin Laden einmal: "Wir lieben den Tod und ihr das Leben." Den Tod konnte er gestern umarmen.
Kontakt: depris @web.de
http://facebook.com/deprifrei
Seit dem 11. September 2001 war der Terrorfürst auf der Flucht. Ich erinnere mich immer noch wie ich damals in der Wohngemeinschaft für psychisch Kranke im Fernsehgemeinschaftsraum die Bilder aus New York live sah. Einer der Zwillingstürme stand noch und brannte wie eine kubanische Havana. Wir schauten gebannt die Live-Bilder und ich wähnte mich in einem Hollywood-Katastrophen-Film. Aber der Film war real und wir waren all die Zuschauer des Dramas. Das Wetter konnte nicht besser sein, um das Brennen des Turms und die Rauchfahne plastisch darzustellen. Wie ich dann erfuhr waren zwei Flugzeuge in die Türme geflogen und löschten knapp 3000 Leben aus.
Dann sah ich wie auch der zweite Turm zusammenstürzte, viele im Fernsehraum waren fassungslos. Einer der Bewohner mit dickem Bauch schwor Rache. Die Stimmung wurde aggressiver. Waren wir alle Amerikaner, weil die Selbstmordattentäter die Freiheit und die westlichen Werte angriffen?
Und welche Freiheit griffen diese Dschihadisten an? Die Freiheit so dick und fett zu werden wie der Bewohner mit dickem Bauch?
(Die Amerikaner gelten als das dickste Volk.) Aber sind diese Wohlstandsbäuche nur auf Kosten der hungernden Welt angelegt worden? Haben die Amerikaner die Fettreserven angelegt, um auch für schlimme Zeiten wie den Anschlag in New York vorzusorgen?
Mein Betreuer und ich schrieben meine Bewerbung für meine Praktikantenstelle in einem Bestattungsunternehmen. Auch ein Foto wurde gemacht. Wie ich später erfuhr wurde Osama bin Ladens Leiche im Meer entsorgt. Angeblich war kein Land in der Lage, diesem Moslem eine würdige Beerdigung zu geben. Wahrscheinlich spielt auch die Angst eine Rolle sein Grab könnte zum Wahlfahrtsort für Islamisten werden. Aber gerade der Leichnam eines Menschen und seine Beerdigung sollen würdevoll geschehen, gerade in unserer jüdisch-christlich geprägten Tradition. Darf man sich über Traditionen hinwegsetzen? Wieviel sind uns unsere Werte wert??
Barack Obama der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika wird nach meiner Auffassung immer mehr zu einem Bush-Light. Der Friedensnobelpreisträger entpuppt sich als Racheengel. Die Tötung von bin Laden in einer Villa in Abbottabad durch zwei Kopfschüsse deutet auf eine Hinrichtung hin. Wenn ich jemanden gefangen nehmen will, dann schiesse ich ihn in den Oberkörper oder in die Beine.
Was mich auch befremdet wie sich Menschen über den Tod eines Menschen freuen können, sogar Angela Merkel fand die gezielte Tötung des All-Kaida Chefs gut. An Ground Zero fanden Spontanfreudentaumel statt. Alle schrieen "USA, USA!!" und verbrannten bin Laden Fotos. Dass erinnert mich an primitive Rituale, wenn die Hamas oder die Taliban Amerika- oder Israel-Fahnen verbrennen und Freudenschüsse abgeben.
Nach meiner Auffassung werden mit einer gezielten Hinrichtung alle Menschenrechte und alle Werte der westlichen Welt über Bord geworfen. Der All Kaida Chef hätte nach meiner Auffassung vor dem Internationalen Kriegsverbrecher-Tribunal in Den Haag gehört.
Jeder Mensch trägt in sich ein Aggressions- und Gewaltpotential, auch ich. Aber wenn wir all unseren Aggressionen und Rachegefühlen nachgehen würden, würde es jeden Tag überall massenweise Mord- und Totschlag geben. Der Rechtsstaat wurde geschaffen, um auch den schlimmsten Täter zu beschützen. Aber wer beschützte Osama? Darf man ihn schützen? Wie sehr dürfen wir selbst Racheengel spielen? (Wenn beispielsweise jemand ein Kind vergewaltigt und tötet.) Wird die Welt durch Gewalt und Rache besser? Oft werden Racheakte wie gegen den Gründer des terroristischen Netzwerks als Gerechtigkeit verkauft. Aber ist Gerechtigkeit nicht erhaben über billige Rachegefühle? Wie soll die islamische Welt oder auch andere Teile der Welt unsere Grundrechte wie Demokratie und Menschenrechte ernst nehmen, wenn wir sie wie mit dem Mord an diesem Menschen mit Füßen treten?
In gewisser Weise habe ich Osama bin Laden dafür bewundert, dass er sich knapp zehn Jahre der Rache der USA entzogen hat. Vielleicht klingt es etwas seltsam, wenn ich sage, dass es mich beruhigt hat, dass die Allmacht der USA auch ihre Grenzen hatte. Zu den USA habe ich ein ambivaltentes Verhältnis. Dieses Land ist mir vom Herzen sehr nah und doch gleichzeitig so fern. Sie hat große Persönlichkeiten hervorgebracht wie Denzel Washington und andere und genauso Massenmörder mit sympathischem Anlitz wie George Bush Junior. Auch liebe ich amerikanische Filme oder Bücher oder auch Fast Food von McDonald. Was ich nicht liebe ist der Verzicht auf die von Jesus propagierte Nächstenliebe des Feindes. Vergebung findet in diesem Land nicht statt, kaum ein Todeskandidat in den USA wird begnadigt. Ich selbst unterhielt viele Jahre eine Brieffreundschaft zu einem Todeskandidaten wo vieles für seine Unschuld sprach. Die Todesstrafe ist ein Relikt aus einer Zeit in der der Rechtsstaat nicht existierte. Mahatma Ghandi sagte einmal sehr schön "Auge um Auge, Zahn um Zahn und die Welt wird blind." Wie blind ist unsere westliche Welt geworden? Brauchen wir vielleicht einen Jesus der die Blinden sehend machte und der wusste, dass die Sehenden blind sind?
Noch geniessen viele den süßen Geschmack des Triumphs, aber ich bin mir sicher, dass der bittere Nachgeschmack noch kommen wird. Osama hat sein Leben wie ein Mann aus dem Alten Testament verteidigt und ist für manche radikalen Muslime den Heldentod gestorben. Auch der Menschenrechtsverbrecher Che Guevara erging es so und er wurde zur Lichtgestalt der Linken. Das gleiche Schicksal blüht jetzt Osama. Viele Dschihadisten werden ihm nachfolgen und viele Morde in der westlichen und in der eigenen Welt begehen. Auch Che verlor am Ende seines Lebens wie bin Laden an Leuchtkraft und an Anhänger und kein Bauer in Bolivien wollte von ihm befreit werden. Aber der Tod Che's machte ihn zur Ikone gegen soziale Ungerechtigkeit. Auch Osama klagte darüber wie die westliche Welt über die Ressourcen der islamischen Welt wie selbstverständlich mit Militärbasen herrscht und verfügt. Der Tod von bin Laden könnte mehr Leuchtkraft entfalten als es sein Leben je konnte. Wie sagte bin Laden einmal: "Wir lieben den Tod und ihr das Leben." Den Tod konnte er gestern umarmen.
Kontakt: depris @web.de
http://facebook.com/deprifrei
deprifrei-leben - 3. Mai, 14:19